Interview Katrin Bauerfeind – „Der rote Faden in meinem Leben ist eigentlich Scheitern.“

Katrin Bauerfeind hat ein Buch über das Scheitern geschrieben. Was alleine schon dadurch bemerkenswert ist, dass das Buch bei diesem Thema überhaupt fertig geworden ist. Anfang April startet die nächste Staffel ihrer eigenen Sendung Bauerfeind auf 3Sat.

Katrin Bauerfeind

TVinfo: Warum fehlt Ihnen ein Tag zwischen Sonntag und Montag?

Katrin Bauerfeind: Das ist so ein Lebensgefühl. Wenn man immer so ein bisschen zu knapp ist und wenn man das Gefühl hat, man bräuchte eigentlich immer noch so diesen einen Tag, um das Leben in den Griff zu kriegen.

TVinfo: Das Buch handelt vom Scheitern. Was fasziniert Sie am Scheitern?

Katrin Bauerfeind: Der rote Faden in meinem Leben ist eigentlich Scheitern. Es geht um das alltägliche Scheitern. Eine Beziehung geht auch nicht mit einem Riesenknall zu Ende, sondern am Ende scheitert es an der falsch eingeräumten Spülmaschine. Der Berliner Flughafen scheitert nicht daran, dass sie die Rollbahn vergessen haben, sondern an 70.000 kleinen Mängeln. Das große Scheitern ist eigentlich eine Summe von Kleinigkeiten. Und ich versuche, dem mit Humor zu begegnen. Wenn man ein bisschen versöhnlich und locker auf seine Fehler blickt, dann kann man vielleicht die große Niederlage und das große Scheitern verhindern. Und ich finde: Scheitergeschichten sind die lustigsten Geschichten, über die Jahre später noch in geselligen Runden gelacht wird.

TVinfo: Ist es Schadenfreude, was uns am Scheitern fasziniert?

Katrin Bauerfeind: Es gibt zwei Perspektiven. Die eine, ist die eigene. Ich glaube, man kann sich nicht selbst gegenüber schadenfroh sein. Das Peinliche und Schmerzhafte am Scheitern kann man am besten mit Humor nehmen. Die andere Perspektive ist, wie die anderen damit umgehen.

TVinfo: Ist Schadenfreude nicht unmoralisch?

Katrin Bauerfeind: Aber auch menschlich. In meinem Buch schreib ich fast nur über mich und mache mich über mich selbst genauso lustig wie über die anderen. Ich finde das fair.

TVinfo: Aber nur weil etwas menschlich ist, ist es ja nicht auch moralisch...

Katrin Bauerfeind: Wenn es komisch ist, ist es automatisch nicht unmoralisch. Komik entzieht sich dieser Kategorie.

TVinfo: Kann es sein, dass nur die Leute richtig gut sind, die auch schon einmal richtig gescheitert sind?

Katrin Bauerfeind: Ich glaube, dass Scheitern völlig normal ist. Es stimmt schon: Man kann aus seinen Fehlern lernen. Und: Ich plädiere für Fehlertoleranz und gegen den ständigen Optimierungswahn. Du sollst immer besser, dünner, frecher, smarter sein. Aber keiner sagt Dir warum. Aus meinem Scheitern ist auch dieses Buch entstanden. Man scheitert auch quasi nahezu täglich beim Schreiben an einem Buch: an seinen Formulierungen, an seinem Text, an seinem Anspruch. Aber jetzt, wo ich da durch bin, prokrastiniere ich nicht mehr, und ich bin lockerer, seitdem die Leute wissen, was ich für Macken habe. Und es sind noch bei weitem nicht alle...

TVinfo: Ist Scheitern Ansichtssache?

Katrin Bauerfeind: Absolut! Es ist immer eine Frage des Blickwinkels. Schöner Scheitern!

TVinfo: Hätte das Buch auch ein Mann schreiben können?

Katrin Bauerfeind: Männer scheitern anders als Frauen. Carsten Maschmeyer schreibt über das Erfolgreich-sein. Aber er hätte eigentlich auch ein Buch über das Scheitern schreiben können. (Frau Bauerfeind fällt vor Lachen fast vom Sofa.) Frauen machen sich, glaube ich, beim Scheitern und beim Erfolgreich-sein immer noch mehr einen Kopf. Trotzdem hätte das Buch auch ein Mann schreiben können. Es ist kein frauenspezifisches Thema.

TVinfo: Ihr Buch thematisiert auch das Fernsehen. Wie sehr beeinflusst das Internet das Fernsehen?

Katrin Bauerfeind: Fernsehen sollte nicht versuchen, das schlechtere Internet zu sein. Aber das Internet ist etwas sehr Alltägliches. Leider wird oft genug versucht das ins Fernsehen zu übertragen. Durch das Internet ist Fernsehen nichts mehr, was einem Ehrfurcht einflößt. Fernsehen ist aber immer noch etwas Besonderes - trotz alledem.

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TVinfo: Ist das Internet nicht manchmal aber authentischer?

Katrin Bauerfeind: Ja. Manche Fernsehleute verstehen oft nicht, was Internetvideos sollen. Warum hat das so viele Klicks? Warum ist das so super? Im Internet gelten andere Gesetze. Im Fernsehen will ich keinen Frittenquatsch sehen. Ich will ein anständiges Bild, das gut ausgeleuchtet ist.

TVinfo: Zum Abschluss noch drei Vervollständigungssätze. Wenn mir das Buch drei ernstgemeinte Heiratsanträge einbringt,...

Katrin Bauerfeind: ...werde ich trotzdem nicht heiraten.

TVinfo: Wenn mir wegen des Buches drei Menschen die Freundschaft aufkündigen,...

Katrin Bauerfeind: ...dann kann ich das nicht ändern - es wissen aber alle Bescheid.

TVinfo: Mein bester Tipp gegen Prokrastination ist...

Katrin Bauerfeind: ...heiter weiter.

TVinfo: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Markus Pins am 20.02.2014 in Köln.

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